Die letzte Woche habe ich in einer muslimischen/malaysischen
Gastfamilie verbracht, um mit ihnen Hari Raya, also das Ende der Fastenzeit zu
feiern.
Meine Gastfamilie lebt nicht direkt in Kuantan sondern in
einer kleinen Stadt namens Pekan etwa 30 Minuten von Kuantan entfernt. Letzten
Montag wurde ich also von meiner Gastfamilie abgeholt. Es stellte sich heraus,
dass ich 7 Gastgeschwister habe, wovon die Jüngste 22 ist. Nur drei davon
wohnen allerdings tatsächlich zu Hause. Trotzdem kamen alle über Hari Raya zu
Besuch.
Der erste Tag war noch sehr hart, da ich mich nur schwer
verständigen konnte aufgrund mangelnder Bahasa-Skills. Auch die Familien- und Wohnsituation
kam mir doch sehr ungewohnt vor, da es tatsächlichen keine verschlossenen Türen
gab, der Fernseher immer an war und zu jedem Zeitpunkt eine Vielzahl von
Menschen dort war.
Daran habe ich mich jedoch gewöhnt und es war letztendlich
echt nett immer Leute um sich zu haben, die man etwas fragen konnte oder mit
denen man sich beschäftigen konnte. Auch das mit der Sprache ging von Tag zu
Tag besser, wobei wir uns doch hauptsächlich auf Englisch unterhalten haben.
Die ersten zwei Tage gehörten noch zur Fastenzeit und ich
habe mich entschieden mich dem Fasten anzuschließen. Das war gar nicht so
leicht wie getan. Ich musste jeden Tag um 4:30 Uhr aufstehen um zu frühstücken
und dann bis 7:30 Uhr abends weder essen noch trinken.
Ehrlicherweise habe ich das mit dem Trinken am ersten Tag
nicht durchgezogen, da mir bei der Hitze auf dem Markt mit dem ganzen
Fischgeruch einfach nur schlecht geworden ist. Am zweiten Tag habe ich jedoch
komplett durchgehalten und ich habe selten ein Getränk so wertgeschätzt wie an
jenem Abend.
Am 8.8. war dann schließlich Hari Raya. In den meisten
Familien ist es Tradition gleichfarbige, traditionelle Kleidung zu tragen.
Unsere Farbe war braun und ich konnte mir von einer meiner Gastschwester eine
„Juba“, also eine bodenlange Bluse, leihen. Nach einem ausgiebigen Frühstück
ging es dann auch los zum Haus des Minister Präsidenten, bei dem wir zu einem
Open House eingeladen waren. Das ist hier Gang und Gebe: Man kocht jede Menge
Essen und den ganzen Tag kommen einen Verwandte und Bekannte besuchen oder
andersherum, man besucht den ganzen Tag lang Open Houses von Bekannten und
Verwandten. Wir waren eben zuerst bei dem Open House vom MP, was aber relativ
enttäuschend war. Unzählige Leute waren da und ich war mit meiner Familie nur dort,
weil der MP alle Austausch-Leute kennenlernen wollte. Der MP kam letztendlich
jedoch später und hat unser Treffen deshalb verschoben. Mich hat das ziemlich
geärgert, weil wir ja eigentlich in den Gastfamilien waren, um deren Hari Raya
Feier zu erleben. Normalerweise wäre meine Gasfamilie nicht dort hingegangen,
also saßen wir dort ca. 2 Stunden umsonst herum, wobei ich nicht mal mit meiner
Gastfamilie zusammen saß, sondern mit anderen Freiwilligen/Austauschschülern
und unseren Zuständigen.
Der restliche Tag war dafür umso besser. Wir waren noch bei
zwei weiteren Open Houses von Verwandten. Jedes Mal wurde dort gemeinsam
gegessen und anschließen zahlreiche Bilder gemacht. Ich war wirklich in meinem
Leben noch nicht so satt wie an diesen Tagen, da wirklich überall erst richtig
gegessen und anschließend nochmal Süßigkeiten gegessen wurden. Es ist echt kein
Tag vergangen, an dem ich weniger als 7 Mahlzeiten zu mir genommen habe. Das
mit den Fotos war mir anfangs schon fast etwas unangenehm, da jedes Familienmitglied
mit mir Fotos machen wollte und das ließ in der Tat die restliche Woche nicht
nach. Daran habe ich mich jedoch recht schnell gewöhnt.
Außerdem gibt man während Hari Raya allen Kindern
Briefumschläge mit Geld drinnen. Ich habe auch welche bekommen, was mir auch
wieder unangenehm war, da ich wirklich nicht so viele Geschenke annehmen
wollte. Aber „nein“ ist hier keine Option, weder bei Geschenken noch beim
Essen.
Den Abend haben wir dann im Kampung Pahang Tua verbracht:
Ein kleines Dorf bei Pekan, wo noch weitere Verwandte von mir wohnen. Das war
super spannend, da die Häuser hauptsächlich aus Brettern und Wellblech
bestanden, trotzdem jedem Gewitter standhalten. Das war echt faszinierend.
Dort waren wir in den folgenden Tagen immer wieder und die ganze Familie war echt super! Meine Gastmutter hat mir extra traditionelle Kleidung gekauft und ich habe auch einen malayischen Namen bekommen: Siti.
Dort waren wir in den folgenden Tagen immer wieder und die ganze Familie war echt super! Meine Gastmutter hat mir extra traditionelle Kleidung gekauft und ich habe auch einen malayischen Namen bekommen: Siti.
Ich habe in der Zeit bestimmt 200 Leute kennengelernt, wobei
es echt schwierig war, sich daran zu erinnern, wen ich schon kennengelernt habe
und wen nicht. Das hat auch den zweiten Tag von Hari Raya sehr anstrengend
gemacht. Wir haben ein Open House gehabt und dort sind manche Leute zum zweiten
Mal gekommen, ich habe sie aber nicht wieder erkannt.
Während der gesamten Zeit habe ich mich auch kulinarisch
weitergebildet. Das war echt der Hammer! Es gibt so viele leckere Arten Reis
zuzubereiten. Beispielsweise wird der Reis in Kokosnussmilch oder in Taschen,
die aus Blättern gefaltet wurden, gekocht. Einfach nur lecker!
Am letzten Abend haben wir dann eine riesige Grillparty
veranstalte. Meine Familie hat das Essen für ca. 50 Leute vorbereitet. Ich habe
noch nie so viel Knoblauch geschält wie an diesem Tag. Aber es hat tatsächlich
Spaß gemacht, weil ich mich dadurch als Teil der Familie gefühlt habe.
Die Grillparty war richtig cool. Die war wieder im Kampung,
wo man die Sterne sehen konnte. Der Grill bestand aus einem Feuer auf dem
Boden, Backsteinen daneben und ein Rost obendrauf. Das war richtig klasse! Die
ganze Familie war wieder beisammen und es wurde gesungen, getanzt und gelacht.
Wir haben eine Verlosung gehabt und ich habe einen Wäschekorb und eine Kanne
gewonnen. Zwei Dinge, die wir mehr als gut bei uns in der Wohnung gebrauchen
können.
Abschließend war mein Besuch in der Gastfamilie durchweg
positiv und ich werde sie definitiv weiterhin besuchen. Alle waren so
offenherzig, nett und einfach nur klasse! Ich wurde auch mit Geschenken
überhäuft, was mir mega unangenehm war, da sie mich ja sowieso schon großzügigerweise
als Gast aufgenommen hat. Der Abschied war entsprechend schwer, trotzdem freue
ich mich schon auf übernächstes Wochenende, wenn ich sie voraussichtlich wieder
besuche.
Die erste Post ist übrigens angekommen und langsam sind
unsere Wände nicht mehr so kahl! Vielen Dank dafür. ;) Jetzt ist auch sicher,
dass die Adresse stimmt, also keine Scheu zu schreiben.
Da ich in der Zwischenzeit kein Internet hatte, kommt jetzt
auch noch die Geschichte meiner ersten Reise. Nach Hari Raya kamen uns erstmal
4 Freunde, die in Georgetown wohnen, besuchen. Zusammen hatten wir ein paar
entspannte Tage in Kuantan und haben unteranderem am Strand geschlafen. Einen
Sonnenaufgang gab es an dem Tag leider nicht.
Am Mittwoch bin ich dann gemeinsam mit Linn für 2 Tage nach Ipoh
gefahren, um dort zwei Freundinnen zu besuchen. Ipoh war super schön. Da gab es
Parks, interessante Gebäude und traumhaftes Essen. Gemeinsam mit den 2
Freundinnen sind wir dann über das Wochenende nach Georgetown gefahren und
haben uns dort mit den 4 Jungs, die uns vorher besucht haben wieder getroffen.
Georgetown war auch super schön und einfach total anders als
Kuantan. Georgetown ist ein absolutes Touristenziel und entsprechend viele
Touristen waren dort auch unterwegs. Dafür gab es dort richtig schöne Straßen
und Gassen. Unser Hotel war zum Beispiel in Little India und die hatten dort
echt nette Läden. Einen Tag haben wir komplett am Strand verbracht, dann haben
wir dort ein weiteres Open House besucht und kostenlos gegessen. Unsere
Hauptaktivität war tatsächlich das Essen. Die haben dort die leckersten
indischen Restaurants. Da bin ich echt neidisch. So begannen unsere Tage in der
Regel mit Roti in allen Varianten und auch die restlichen 4-5 Mahlzeiten pro
Tag beinhalteten in der Regel Roti, Capati oder Naan. Es geht echt nichts über
so ein schönes Butter-Garlic-Naan.
Abends sind wir dann in einen sogenannten „Reggae Club“
gegangen. Es war weder ein Club noch lief dort Reggae. Am letzten Abend sind
wir dann jedoch tatsächlich in einen Club gegangen, aber von der Musik her war
das nicht so mein Ding. Trotzdem war es super entspannt einfach mal wieder mit
Jungs rumzuhängen und nicht 24/7 von Mädchen umgeben zu sein. Schon allein
deshalb hat sich für mich der Ausflug gelohnt.
Der letzte Abend hat das ganze leider etwas gekippt.
Irgendwie haben es alle geschafft sich irgendwie miteinander zu streiten,
sodass schon allgemein eine sehr angespannte Stimmung war und eigentlich alle
nur noch ins Hotel wollten, um am nächsten Morgen die Probleme zu lösen.
Also bin ich mit meinen zwei Freundinnen aus Ipoh
zurückgelaufen. Ich kannte den Weg leider nicht, also musste ich den anderen
folgen. So stiefelten wir im tiefsten Regen mitten in der Nacht durch
Georgetown und haben uns gegenseitig angeschrien. Endlich kam unser Hotel in
Sicht und wir waren super froh endlich daheim zu sein, als von hinten ein
Motorrad kam und die Handtasche von einer Freundin, Julia, weggerissen und sie
somit zu Boden gerissen hat. Man kann sich echt nicht vorstellen wie
schrecklich das war, weil man absolut nichts dagegen machen konnte.
So haben wir die restliche Nacht im Krankenhaus sowie
zahlreichen Polizeistationen verbracht, aber die Chance, dass wir die
Handtasche samt Handy, Perso, Reisepass und dem Rest wiederbekommen ist wohl
gleich Null.
Seitdem kann ich einfach nicht mehr entspannt durch die
Stadt laufen, bei jedem Motorrad bekommt man Panik, insbesondere als uns
erzählt wurde, dass sowas häufig auch am helligsten Tag passiert. Das
schlimmste ist, dass so regelmäßig Leute sterben, weil sie aus ihrer
Hängetasche nicht rauskommen und dadurch noch ewig lang mitgeschliffen werden.
Ich hoffe, dass das ganze hauptsächlich in touristischen
Gegenden vorkommt und nicht so sehr hier.
Ansonsten ist hier jedoch alles in Ordnung und der Alltag
nimmt wieder seinen Lauf.
Liebste Grüße aus dem weiterhin schwülen Malaysia!