Freitag, 28. Februar 2014

Über Malaysia und meine Arbeit


Seit fast 7 Wochen drücke ich mich davor Genaueres über meine Arbeit zu berichten und erzähle stattdessen von Reisen, Gastfamilien, dem Essen oder unserem Haus. Das liegt daran, dass es eine ganze Weile gedauert hat, bis ich wirklich verstanden habe, warum es meine Arbeit gibt. Stück für Stück haben Linn und ich während der letzten 7 Monate mehr über unsere Arbeit und Malaysia gelernt und heute bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass bestimmte Dinge einfach mal gesagt oder erklärt werden müssen.
Linn und ich arbeiten im Assunta Social Centre, das Teil des Assunta Komplexes, bestehend aus Vorschule/Kindergarten (Tadika) und Grundschule, ist.
Von der Grundschule bekommen wir nur wenig mit, da sie am Fuße des Berges liegt, auf dem sich das Assunta Social Centre befindet.
Mit der Tadika wiederum teilen wir uns den „Pausenhof“ und auch einige unserer Kinder besuchen die Einrichtung halbtägig. Ich selbst bin dort nicht tätig, allerdings helfen die Schwestern, die das Social Centre leiten, auch bei der Tadika aus.
Das Schulsystem in Malaysia ist sehr anders als das deutsche und es gibt einige Aspekte, mit denen ich mich nicht anfreunden kann. So ist es Gang und Gebe die Kinder bei Fehlverhalten zu schlagen. Die Sitzordnung in den Klassen ergibt sich aus der Leistung der Kinder, wobei die guten Schüler vorne sitzen und die weniger guten Schüler eben hinten.
Eine weitere Tatsache ist, dass man in Malaysia nicht sitzen bleiben kann. Das geht einfach nicht. So wird auf Wissenslücken keine Rücksicht genommen, sondern das Kind einfach nach hinten gesetzt. Entsprechend gibt es auch in höheren Klassen noch genügend Kinder, die nicht in der Lage sind zu lesen.
Einem Kind aus unserem Social Centre versuchen wir zurzeit das Subtrahieren beizubringen, was sie beim Lernen in der Schule nicht verstanden hat. Inzwischen behandelt sie in Mathe Brüche und Bruchrechnung, was sich ihr wohl kaum erschließen wird, wenn sie die vier Grundrechenarten nicht beherrscht. Die Lehrerin des Mädchens erklärt ihre fehlenden Fähigkeiten mit geistiger Zurückgebliebenheit, weshalb die Lehrerin natürlich nicht die Möglichkeit hat, ihre diese fundamentalen Fähigkeiten beizubringen. Dem Mädchen tut es selbstverständlich unwahrscheinlich gut täglich zu hören, dass sie geistig zurückgeblieben ist.
Die Schulnoten sind hier auch in der Regel keine Reflektion der schulischen Leistungen, da auch Korruption ein großes Problem im malaysischen Schulsystem darstellt.
Durch unsere Gastfamilien und andere Gleichaltrige, die wir kennengelernt haben, haben wir außerdem Einiges über die Chancengleichheit in Malaysia gelernt.
So gelten unterschiedliche Bestimmungen für Inder, Chinesen und Malays, wobei allerdings allesamt die malaysische Staatsbürgerschaft haben. So brauchen Inder und Chinesen deutlich bessere Noten um dieselben Unis besuchen zu können wie Malays und müssen zudem noch höhere Gebühren zahlen. Das führt natürlich zu einer angespannten Stimmung zwischen den verschiedenen Gruppierungen und der nationale Werbeslogan „Satu Malaysia“ – „Ein Malaysia“, der für die Einheit und die gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung wirbt, spiegelt meiner Meinung nach die Realität nicht vollkommen wieder.
Das Assunta Social Centre, in dem ich arbeite, ist also die dritte Einrichtung des Assunta-Komplexes. Das Centre wird ausschließlich von Schwestern des Franziskaner-Ordens geleitet und finanziert sich durch Spenden der Gemeinde, sowie Freiwilligen, die einmal die Woche Mittagessen kochen oder für 2 Stunden die Kinder unterrichten.
Im Centre betreuen wir insgesamt 11 Kinder, wobei jedoch nie alle Kinder gleichzeitig anwesend sind, da einige vormittags zur Tadika müssen und andere nachmittags in die Schule gehen.
Sechs der Kinder, die wir betreuen, kommen aus Familien, bei denen ein Elternteil fehlt und das verbleibende Elternteil ganztägig arbeiten muss und dementsprechend weder die Zeit noch die Mittel hat, die Kinder zu betreuen oder mit ihnen schulergänzend zu lernen. Deshalb kommen sie vor der Schule oder nach der Tadika zu uns ins Social Centre.
Die restlichen fünf Kinder sind Flüchtlinge aus Myanmar. Bis heute war ich davon überzeugt, dass es in Malaysia Flüchtlingen im Allgemeinen nicht gestattet sei, staatliche Schulen zu besuchen. Eine Regulation, die ich schon für sehr zweifelhaft befunden hatte. Heute wurde ich allerdings eines Besseren belehrt. So beschränkt sich das Schulverbot lediglich auf Kinder aus Myanmar. Myanmaries ist es nicht gestattet eine Schule in Malaysia zu besuchen. Eine Regel, die mich so perplex macht, dass ich ungelogen nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Was ist denn der Sinn dahinter Flüchtlinge aufzunehmen, wenn es ihnen nicht gestattet ist, eine Schule zu besuchen? Mit der fehlenden Bildung sind natürlich großartige Jobchancen in Aussicht.
Alle fünf Kinder in unserer Einrichtung sind offizielle UN- Flüchtlinge und nichtsdestotrotz ist es ihnen nicht möglich einen offiziell anerkannten Schulabschluss zu erwerben. Drei der fünf Kinder sind nun bereits seit fünf Jahren in Malaysia, wobei Malaysia aufgrund der mangelnden Möglichkeiten lediglich ein Zwischenstopp ist. Ultimativ verfolgen sie jedoch das Ziel, nach Amerika auszuwandern, wobei es der amerikanischen Einwandererbehörde innerhalb der letzten fünf Jahre nicht möglich war, eine Antwort zu der Anfrage zu geben. Weder Zusage noch Absage. Ein Hoch auf die Bürokratie.
Den einzigen Kompromiss, der bis jetzt eingegangen wurde, ist, dass die Myanmaries bis zum Alter von 7 Jahren die Tadika, in der auch die Schwestern mithelfen, besuchen dürfen. Da die meisten jedoch erst später immigriert sind, ist ihnen selbst das entgangen. Diejenigen, die die Tadika besuchen, lernen dort  Malaysisch. Eine Sprache, die niemand bei ihnen zu Hause spricht und in der ihnen die meisten Kinder, deren Muttersprache Malaysisch ist, um Weiten voraus sind. Aber darauf können die Lehrer selbstverständlich keine Rücksicht nehmen. Aber macht ja nichts, denn sitzen bleiben kann ja sowieso niemand.
Um fair zu bleiben, muss ich natürlich noch einen Unterschied zwischen den verschiedenen Religionsgruppen der Myanmaries, die immigrieren möchten, machen.
Im Allgemeinen ist es eher schwierig für Myanmaries nach Malaysia zu immigrieren, da es bereits viele Immigranten gibt und die Bevölkerungsgruppe hier nicht so geschätzt wird. Ohne gültigen Pass die Grenze hierher zu überqueren gilt als nahezu unmöglich. Ausgenommen sind davon allerdings muslimische Myanmaries, denen es regelmäßig in großen Gruppen möglich ist, illegal zu immigrieren, während buddhistische, hinduistische oder christliche Myanmaries selbst auf legalem Weg Probleme haben ins Land zu kommen und hier Fuß zu fassen. Die muslimischen Myanmaries, egal ob legal oder illegal, werden hingegen viel offener in der Gemeinschaft aufgenommen und scheinen deutlich mehr Möglichkeiten geboten bekommen. Juhu, Chancengleichheit.
Die letzten zwei Monate lang sind lediglich unsere Myanmaries ins Social Centre gekommen, da mit Beginn des neuen Schuljahres alle Schwestern in der Tadika beschäftigt waren und wir deshalb nicht so viele Kinder gleichzeitig betreuen konnten.
Ich habe die zwei Monate sehr genossen. Vormittags waren wir nur zu viert, weil der Jüngste (6 Jahre alt) in die Tadika gegangen ist. Mit den restlichen (zwischen 9-14 Jahren) haben wir ein neues Projekt gestartet um ihre Sprachfähigkeiten auszubauen:
Wir lesen mit ihnen Harry Potter. Jeden Tag lesen wir ein Kapitel vor und die Kinder verfassen ein Lesetagebuch. Zusätzlich lassen wir sie noch kreative Schreibaufgaben, wie Tagebucheinträge einzelner Charaktere, Briefe und Zeitungsartikel verfassen.
Jedes Kind hat einen Charakter zugeteilt bekommen, über welchen Informationen gesammelt werden müssen, welche stetig ergänzt werden. Außerdem machen wir Mindmaps über die verschiedenen magischen Kreaturen, die erscheinen, die vier verschiedenen Häuser und die verschiedenen Lehrer.
Während es anfangs noch große Schwierigkeiten im Verständnis gab, beobachten wir eine stete Steigerung. Wir machen zwar nach wie vor alle 2-3 Seiten Pause um das Gelesene zusammenfassen zu lassen, aber mittlerweile geschieht das in der Regel ohne Fragen.
Auch das Interesse am Buch steigert sich stetig. Während anfangs eher über die Schreibaufträge und das Lesetagebuch gejammert wurde, wurde bereits nach einer Weile gefragt, ob wir nicht lieber zwei Kapitel an einem Tag lesen wollen. Inzwischen sind wir an dem Punkt, dass die Kinder sich darum reißen, wer das Buch mit nach Hause nehmen darf, um weiter zu lesen.
Auch die Schreibfähigkeiten der Kinder steigern sich ermesslich. So enthielten am Anfang Zusammenfassungen noch jedes einzelne Detail und Tagebucheinträge glichen im Grunde den Zusammenfassungen.
Inzwischen sind die Zusammenfassungen zum Teil mangellos und die kreativen Schreibaufträge von so viel Witz und Kreativität geprägt, dass es nur Spaß macht sie zu lesen. Insbesondere, da die Kinder mit Hilfe der Charakter-spezifischen Mindmaps ein unfassbares Charakterverständnis entwickelt haben.
Die letzten zwei Monate haben mir bei der Arbeit wirklich viel Freude bereitet. Auch wenn unser Unterricht möglicherweise nicht lehrbuchorientiert ist, habe ich wirklich das Gefühl, dass die Kinder Nutzen aus unserem Unterricht ziehen. So verbessen sie ihr Leseverständnis, ihre Schreibfähigkeiten, ihr Hörverständnis und ihre Sprachfähigkeiten. Und nicht zuletzt finden sie Gefallen am Lesen und das kann jawohl wirklich nicht schaden.
Umso frustrierender finde ich es jedoch zu sehen, wie diesen Kindern alle Möglichkeiten im Leben verwehrt bleiben. Sie sind bereits seit fünf Jahren in einem Land, das ihnen keine Schulausbildung ermöglicht, in der Hoffnung in ein Land zu gehen, dass seit 5 Jahren nicht die Zeit findet, ihren Einreiseantrag zu bearbeiten. Das Traurigste daran ist eigentlich, dass sie davon träumen vernünftige Berufe später zu ergreifen; etwas, das ihnen mit Sicherheit, dank fehlender offiziell anerkannter Bildung, verwehrt bleiben wird.




Liebste Grüße

Lena

Sonntag, 9. Februar 2014

Gong Xi Fa Cai - Happy New Year!



Anlässlich des Chinese New Year habe ich das letzte Januarwochenende zum vorerst letzten Mal in einer Gastfamilie verbracht. Auch diesmal gab es wieder kulturelle Unterschiede zwischen mir und der Familie, dennoch nicht auf die Art, wie ich es erwartet hatte.
Von den drei Bevölkerungsgruppen (Malays, Inder, Chinesen) hier im Land sind wohl die Chinesen diejenigen, die uns in ihrem Lebensstil am ähnlichsten sind. So tragen sie auch kurze und knappe Klamotten, konsumieren alle Lebensmittel und auch dem Alkoholkonsum wird gefrönt. Hinzu kommt, dass Männer in der Regel nicht das absolute Sagen haben.
Meine Gastfamilie gehörte zu den wohlhabenderen Familien Kuantans und bestand aus meinen Gasteltern, deren erwachsene Kinder und Enkel über die Feiertage nach Hause kamen. Positiv ist mir sofort aufgefallen, dass alle Familienmitglieder sehr gutes Englisch sprechen und somit smalltalk-überschreitende Konversationen möglich waren.
Da meine Gastfamilie christlich ist, blieben mir auch abergläubische Traditionen, wie nicht die Haare waschen am ersten Tag des neuen Jahres und ja nicht kehren, erspart. Doch natürlich konnte ich mich ihrer Kultur nicht ganz entziehen: So vertiefte ich in der Woche meine Stäbchen-Ess-Skills, die jetzt auch Hähnchenflügel essen, einschließen.
Auch die Speisekarte der Chinesen sieht etwas anders aus. So probierte ich am ersten Tag „Oxtail-Soup“. Dank meiner soliden Englischkenntnisse wurde mir abends im Bett auch endlich klar, dass sich „Oxtail-Soup“ wohl mit „Ochsenschwanzsuppe“ übersetzen lässt. Als ich während des Essens zweimal nachgefragt habe, was genau es sei, habe ich letztendlich die versichernde Antwort „Beef“ –„Rindfleisch“ bekommen, woraufhin ich die Suppe genüsslich vor mich hin schlürfte, mit warmem Herz beim Gedanken an die heimische Rindfleischsuppe von Mama.
Ich fühlte mich dann auch ungewohnt abenteuerlich als ich freiwillig auch nach Lamm probierte, wurde da jedoch mit ähnlichen Gefühlen wie denen gegenüber des Ziegenfleisches in der indischen Gastfamilie konfrontiert. Also, alles was „mäh“ macht, darf fröhlich weiter über Wiesen und Weiden springen.
Höhepunkt meiner kulinarischen Probierfreudigkeit war dann eine weitere Suppe. Es handelte sich dabei um eine Hähnchen-Schweine-Suppe (es ist hier definitiv Trend mindestens zwei Fleischsorten in ein Gericht zu machen und am besten auch noch Fisch irgendwo hinein zu mogeln). Netterweise wurde mir diesmal bereits im Vorhinein erzählt um welchen Teil des Tieres es sich handelt. Genau genommen war es nämlich eine Hähnchen-Schweineinnereien-Suppe. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es Schweinedarm oder Schweinemagen war, so oder so wurde mir versichert, dass es sehr „sauber“ zubereitet wurde. Da konnte ich natürlich nicht „nein“ sagen. Welcher Teil es nun auch immer gewesen sein mag: Es war sehr gummerig und zäh und steht in nächster Zeit wohl eher nicht auf meinem Speiseplan.
Bei den Chinesen gehört außerdem der Alkoholkonsum zum Alltag. Im Bezug auf Deutsche haben Chinesen folgende These aufgestellt: Deutsche Staatsbürgerschaft = hohe Trinkfähigkeit = steter Alkoholdurst ; Diese These hatte ich also in der Woche zu belegen. So begann der tägliche Alkoholkonsum um 12 Uhr beim Mittagessen und endete erst mit dem Schlafengehen. Für mich galt es dabei auch nicht gemeinsam mit den Frauen zu trinken, sondern der Alkoholkonsum der Männer galt als Richtmaß und ich kann zufrieden feststellen, dass ich den Erwartungen jeden Tag gerecht geworden bin (und jetzt sagt nicht, jaja, sind ja auch Asiaten gewesen!).
So bestand mein chinesisches Neujahr aus drei täglichen Mahlzeiten begleitet von Alkohol, 2 Kirchenbesuchen, Besuche von Open Houses und ansonsten viel Ruhe und Entspannung.
Ich kann also sagen, dass die kulturellen Unterschiede zwischen mir und den Chinesen abgesehen von dem einen oder anderen Essen, sehr gering waren.
Die wirklichen kulturellen Unterschiede ergaben sich an einem anderen entscheidenden Punkt:
Wie bereits erwähnt, gehört meine Gastfamilie zu den wohlhabenderen Familien Kuantans. Insbesondere im Vergleich zu meiner regulären Bleibe in Kuantan, wurde ich in ein wahres Paradies entführt. So hatte ich nicht nur mein eigenes Zimmer, sondern dieses umfasste einen Fernseher, einen begehbaren Kleiderschrank, ein eigenes Badezimmer mit eigenem Whirlpool! Und hinzukommt noch W-Lan. Alles Gegebenheiten über die ich mich nicht im Geringsten beklagen kann, wobei ich ehrlicherweise anfangs nicht mehr wusste, wie ich mich längere Zeit mit dem Internet beschäftigen soll. Es endete in einer youtube-video Eskalation anstatt beispielsweise Emails zu beantworten. Das war eine schöne Abwechslung mal wieder.
Da ich bereits vorher schon auf die finanzielle Situation meiner Gastfamilie hingewiesen worden war, war ich reichlich nervös vor eintreffen, da ich hier absolut keine schicken Klamotten mehr besitze und mein einziges Schuhwerk ausgelatschte FlipFlops sind.
Innerhalb meiner Familie stellte sich das als überhaupt kein Problem dar. Mir wurde gesagt, ich solle mich wie zu Hause fühlen und könne tun und lassen, was ich wolle. Vorzüge waren dabei großartige Mahlzeiten in schicken Restaurants, endlich mal wieder richtiger Käse und gute Schokolade (YEAH!!!) und zu guter Letzt qualitativ hochwertiger Alkohol. So lernte ich unter anderem wie man Wein richtig probiert und Schätzen lernt und hatte sogleich Gelegenheit meine Weintestkünste an Weinen der verschiedenen Kontinente zu testen. Höhepunkt war definitiv 18 Jahre alter Whisky, der laut den anwesenden Whiskytrinkern wohl sehr gut war. Ich kann nur feststellen, dass ich ihn nicht ganz so eklig fand wie sonst, da er nur rauchig geschmeckt hat und nicht gebrannt hat.
Da meine gesamte Gastfamilie in der Wirtschaft tätig ist, durfte ich zahlreiche Konversationen über die deutsche Wirtschaft insbesondere die Autoindustrie führen. Ungünstig, wenn man zu Hause französische Autos fährt. Aber die Qualität der Autos verschiedener Nationen durfte ich trotzdem gleich erfahren, da wir zahlreiche verschiedene Autos hatten, die alle eine Gemeinsamkeit hatten: einen Monitor der angeht, wenn man rückwärts fährt und einem zeigt wie man einschlagen muss und wann man wo anstößt [wer das braucht, hat nur nie richtiges parken gelernt ;)].
Den wirklichen Kulturschock hab ich erst bei den Open Houses anderer reicher und famoser Personen erlebt. In meinen schicksten Klamotten, sprich FlipFlops und Strandkleid, versuchte ich verzweifelt Konversationen mit Gleichaltrigen zu führen, aber da sie leider kein Verständnis dafür aufbringen konnten, dass ich hier bin als Freiwillige und ich nicht wusste, was ich auf die Aussage „I am studying finances and business to work in my parents company“ antworten sollte, war das eher erfolglos.
So beobachtete ich recht bald nur noch wie Mädchen in meinem Alter mit den ganzen reichen Älteren kokettierten und freute mich innerlich, dass mir sowas in der Regel erspart bleibt.
Leider freute ich mich jedoch zu früh, denn am nächsten Tag war eine Gruppe junger Mädchen bei mir zu Hause eingeladen, wovon niemand mehr als 10 Jahre älter war als ich. Ich wurde wieder angehalten mit zu trinken, was das Ganze einigermaßen erträglich gemacht hat, insbesondere im Zusammenhang mit dem angebotenen Käse. Da die gesprochene Sprache ausschließlich Mandarin war, hatte ich auch gar keine Möglichkeit an den Freuden der Jugend teilzuhaben, die erneut mit meinem Gastvater flirteten und kokettierten. Innerlich echauffierte ich mich erneut über die Blasiertheit der Gesellschaft und freute mich über mein normales Umfeld im Alltag.
Am dritten Tag hatte ich dann so die Nase voll von den Zusammenkünften der Reichen und Famosen, dass ich tolldreist zu einem Open House dasselbe Kleid anzog, das ich bereits zum ersten Open House trug und das obwohl dort dieselbe Gesellschaft zusammentraf. Wenn mein Outfit (FlipFlops und Strandkleid) schon damals ein absolutes No-Go war, so war dasselbe Outfit bei einer weiteren Zusammenkunft DER Faux-Pas schlechthin. Ich fühlte mich also wieder reichlich wohl in meiner Gesellschaft, aber der Gedanke, dass ich mir so einen Faux-Pas absichtlich geleistet habe, munterte mich dann doch wieder zu Genüge auf.
Mit derartigen Begegnungen verbrachte ich also die Chinese New Year Woche. Da es sich aber in der Regel nur um 2-3 Stunden pro Tag handelte und die restliche Zeit des Tages echt großartig war, kann ich echt sagen, dass ich die Gastfamilie sehr genossen habe. Meine Gastfamilie selbst hat sich ihren Wohlstand in ihrem Verhalten absolut nicht anmerken lassen und es war super interessant sich mit ihnen über ihre Perspektive auf das Land, die Regierung und im Allgemeinen die Welt zu unterhalten. Und auch grade, weil sie sehr bereiste Leute waren, gab es immer etwas zum Reden. Es war durchaus angenehm mal nicht im Mittelpunkt zu stehen und von allen Seiten fotografiert und angestarrt zu werden und einfach mal wieder etwas Ruhe zu haben. Dass Gambling (um Geld spielen) auch noch Tradition war, war dann wohl das Sahnehäubchen einer sehr angenehmen und lehrreichen Woche.

Ich hoffe, ihr hattet einen schönen Start ins neue Jahr!